toto corde, tota anima, tota virtute
Von ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft

Die Stiftsschule feiert in fünf Stunden um die Welt

Im Zug nach Wädenswil herrscht Feststimmung. Burschen und Mädchen, ein buntes junges Volk, noch die Feierlaune und schon den Schlummer in den Augen, in ausgelassene Gespräche und unbeschwertes Treiben vertieft. «Es esch scho mega cool gsi!», sagt eine Schülerin zu ihrem Nachbarn: Die gesamte Schule habe etwas zustande gebracht, sie habe den Zusammenhalt von allen richtig gespürt. Und, fügt sie hinzu, sie habe Gelegenheit gehabt, mit Schülern zu reden, mit denen sie sich sonst wenig austausche. Einer habe mit ehemaligen Mitschülern gesprochen, die im Studium schwitzen. Schoggi sei die Stiftsschule gewesen. Er solle die Zeit geniessen. Eine ehemalige Maturaklasse hat sich abgesprochen das Fest zu besuchen. Es sei «komisch, hier durchzulaufen». Das Unbeschwerte, dessen man überdrüssig war, nehme einen wieder ein: Es sind fröhliche Studentinnen, Soldaten, Praktikantinnen, die sich bei Weisswurst und alkoholfreiem Bier über alte Zeiten austauschen.

«Es ist ein tolles Stiftsfest!» Eine Schülerin schlug vor, man müsse es jedes Jahr durchführen. «War das etwa so ein grosser Aufwand?» Ja, das war es. Rektor Johannes Eichrodt lancierte die Initiative, überigens zum 180. Jahr des Schulbetriebes, ein Fest zu feiern. «Die Stiftsschüler könen gute Feste feiern.» Eine Findungskommission stellte das Fest unter das Motto: «In fünf Stunden um die Welt». Es lässt viel Freiraum für die Phantasie. Und phantastisch haben es die Schüler auch ausgefüllt. Sie sind natürlich begeistert und sprudeln vor Ideen, wie man die Klassenzimmer einrichten könnte. Auf der anderen Seite vollzog sich die Vorbereitung ganz neben dem Unterricht: Marc Möckli hat ein Abfallkonzept entwickelt, ist ja die Schule umweltbewusst und trägt das Unesco-Zertifikat; die Elektriker des Klosters haben Starkstromleitungen für Kühlschränke und sonstige Elektroanlagen gelegt, die Hausmeister waren schon Tage davor (und wohl noch Tage danach) mit allen möglichen Aufträgen überhäuft worden, und die Klassenlehrerinnen und -lehrer zerbrachen sich mit ihren Schülern die Köpfe darüber, was wie in welchen Mengen angeschafft und zu welchen Preisen es verkauft werden solle. Um nur einiges zu nennen. Es war ein Aufwand, ja. Aber ein lohnender. «Ich bin stolz auf meine Klasse, dass sie den Anlass so gut organisiert hat!», freut sich Maria Egartner. Es sei alles wie am Schnürchen gelaufen, man habe den Aufbau schneller abgeschlossen als gedacht, die Schüler hätten mit heller Begeisterung gearbeitet, so auch die Französischlehrerin Doro Pottie.

Ich habe später auch gesehen, wie sie rennen, mit Tischen und Stühlen, mit Besen und Kübeln eilten die Schüler aneinander vorbei, um einander herum, eine Hand griff in die andere, leere Flaschen wurden in Harassen gestellt, Gläser für den Abwasch vorbereitet, Geschirr an seinen Platz versorgt, Abfallsäcke in die Mulde im Hof geworfen, Klassenzimmer feucht aufgenommen; Bänke und Stühle wiederhergerichtet. Am Montag geht der Unterricht wieder los, und ein Fest endet erst, wenn alles aufgeräumt ist.

Mich interessieren natürlich auch die jungen Besucher. Auffallend viele kleine Geschwister sind gekommen, die Schule der Brüderchen zu sehen. Kleine Gesichtchen schauen sich mit grossen Augen um, sie lernen Drachen falten. «Dass man das in der Schule kann!», wundert sich ein kleiner Junge und freut sich über das Fest. Es ist zum ersten Mal hinter den Klostermauern der Stiftsschule, und sei extra mit seiner Mutter angereist. Es isst sein Schokoladeneis, das ihm eine Klasse mit flüssigem Stickstoff zubereitet hat, und fühlt sich sichtlich wohl.

Die Grosseltern einer Schülerin strahlen: Sie haben noch nie chinesische Stäbchen in der Hand gehalten, und es ist ihnen gelungen, damit Ping-Pong-Bällchen herumzutragen. Vielleicht werden sie bald einmal chinesisch essen gehen. Und natürlich kommen auch die Mönche. Bruder Alexander sei einfach dem Geruch nachgelaufen, sagt er, als ich ihn im Schweizerstübli antreffe. «Es ist sauglatt», lacht er. Und Pater Lukas ist ein gefragter Gesprächspartner. «So viele bekannte Gesichter!» Manche Eltern von aktuellen Schülerinnen und Schülern waren ja auch schon da, kennen die Lehrer aus ihrer Schulzeit, duzen die Patres, sie sitzen beieinander und man sieht einen Lehrer und seine Schülerin in diesen erwachsenen Besuchern. Und der Mönch hat seinen Schüler verheiratet, ist vom Lehrer zum Freund geworden, das Leben nimmt hier seinen Anfang, es bleibt mit der Klosterschule verbunden. Eine grosse, schöne Familie!, denke ich. Und ich denke es gerne.

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